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Destruktive Teams

Im Zentrum jedes produktiven Teams steht immer die Frage, wie es als Gruppe mit sich und ihrer Aufgabe in „Resonanz“ bleibt und zwar als Antwort auf die Anforderungen aus seinem Umfeld. Als Resonanz verstehe ich dabei einen Arbeitsmodus der wechselseitigen Offenheit und des wechselseitigen aufeinander Eingehens. (nach Hartmund Rosa). Resonanz ist dabei das Gegenbild zu einer einseitigen Dominanz, die letztlich zu einer eingeschränkten Sicht auf die Wirklichkeit führt. In dieser Einseitigkeit erleben und leben wir nur mehr Scheinresonanzen in sich selbst verstärkenden „Echokammern“. Und solche Echokammern gibt es leider auch in unseren Organisationen, die sich dann in folgender Haltung ausdrückt: „Nur „WIR als Abteilung X wollen oder können die Dinge so sehen wie sie sind!“ In diesem Modus sind wir dann nicht mehr fähig die Problembeschreibung und noch weniger die Lösungsvorschläge anderer als Teil einer guten Gesamtlösung zu erkennen. Ganz im Gegenteil: Schrittweise werden wir dann als Team für die Organisation selbst zum Problem – auch wenn ursprünglich viel Wahrheit und selbst Weisheit in unseren Argumenten gelegen war.

Bevor wir uns um die möglichen Ausgänge aus solchen verfahrenen Situationen kümmern, wollen wir zuerst auf die Ausprägungen solch destruktiver Muster in Teams eingehen. Dazu hat Anand Narasimhan und Jean-Louis Barsoux vom Institute for Management Development in Lausanne in ihrem Artikel „Fehler im System“ im Harvard Business Manager Feb. 2024 folgende vier toxische Muster von Gruppen herausgearbeitet:

  • Einsamer Erlöser: Alle schauen auf einen, eigene Meinungen werden gleich gar nicht mehr eingebracht, er/sie wird es schon wissen. Dadurch setzt das Team immer weniger auf seine eigene Gestaltungskraft und verliert damit immer mehr an Eigeninitiative. Gleichzeitig steigt der Druck auf diese EINE Person immer mehr, bis diese sich aus Überforderung dem Machtrausch oder der Flucht (zunehmend als Burn-Out) „hingeben“.
  • Destruktives Duo: Es können auch zwei Erlösungsfiguren sein, die ähnlich wie Eltern schon alles lösen werden und letztlich vom Team alle Macht dazu bekommen. Die beiden fokussieren sich bei ihren Entscheidungen und Aktivitäten immer mehr auf sich selbst und werden so zu einer eigenen Echokammer. Die anderen ziehen sich in dieser Dynamik immer mehr zurück; die einen dankbar, weil sie selbst keine Verantwortung mehr übernehmen müssen; die anderen frustriert, weil auf ihre Expertise ohnehin niemand hört.
  • Kampfmodus: Wird irgendeine Anforderung von außen an ein Team mit diesem Arbeitsmodus herangetragen, wird sofort alles auf Abwehr und Kampf umgestellt, nach dem Motto: zuerst schießen, dann fragen. Weil in so einer gestressten Haltung das Umfeld einfach nicht mehr umfassend wahrgenommen werden kann, entstehen einerseits unrealistische Erklärungen zur aktuellen Problemlage und andererseits unrealistische Überschätzung der eigenen Möglichkeiten. Nur eines scheint sicher zu sein: Schuld sind die anderen!
  • Fluchtmodus: In einem Team mit diesem Modus herrscht die Ansicht, dass ohnehin „ALLES“ „KEINEN“ Sinn mache und die einzig vernünftigen Reaktionen das Wegducken und Aussitzen seien. Scheinbar folgerichtig werden daher wichtige Aufgaben gleich gar nicht mehr aufgegriffen oder jedenfalls auf später verschoben. Um die sich dadurch verstärkende Angst irgendwie zu bekämpfen, fließt die Energie des Teams in einen - mitunter fast mystischen - Aktionismus an allen möglichen Nebenfronten. Ähnlich wie Kinder, die ihre Angst in der Finsternis mit lautem Singen vertreiben wollen.

Diese grobe Beschreibung wird vermutlich schon genug Erinnerungen und Parallelen zu Verhaltensmustern in Ihrer Organisation auslösen. Die Kunst guter Führung liegt nun darin, solche Muster rechtzeitig zu erkennen und den Betroffenen dabei zu helfen diese wieder durch produktivere zu ersetzen. Denn eines ist klar, all diese Verhaltensmuster sind Ausdruck eines kindlichen Zugangs zu den Aufgaben und nicht der eines „erwachsenen“ - und zwar von ALLEN Beteiligten!

Auch wenn das für eine beobachtende Person des Teams offensichtlich ist, so ist ein direktes Ansprechen dieses - letztlich unreifen - Verhaltens leider sehr selten schon die Lösung. Oft verschärft das Ansprechen die Situation sogar noch, weil sich das Team ja in einer selbstbestätigenden Echokammer befindet. Aus Sicht des jeweiligen Teams scheint deren Verhalten vielmehr hochgradig vernünftig und nur die anderen wollen („wieder einmal“) nicht einsehen, dass nicht wir als Team, sondern eben die anderen die Wahrheit einfach nicht sehen können oder wollen. Kurzum: Mit einem guten Ratschlag zu kommen – Motto: Denk einmal nach! - ist in dieser Situation selten hilfreich.

Die Frage ist nun, wie eine Organisation und das Team selbst aus dieser Sackgasse wieder rauskommen!

Je tiefer eingefahren so eine Situation ist, desto mehr braucht es eine neutrale Position, aus der heraus die Beweggründe von allen Beteiligten anerkannt werden, ohne diese gleich zu werten. Nur aus dieser Position heraus werden sich die Menschen aktiv aus ihrer Deckung herauswagen, denn letztlich sind diese Muster aus Sicht der Involvierten ja Schutzmechanismen, auch wenn sie für die Gesamtorganisation destruktiv oder sogar toxisch wirken. Genau das ist ja auch der Grund, wieso alle Beteiligten ihre jeweiligen Standpunkte gut begründen können, obwohl sie sich völlig widersprechen. Nur mit einer derartigen neutralen Haltung, macht es Sinn die Dynamiken des Teams – mit sich selbst und mit seinem Umfeld – gemeinsam zu bearbeiten. Und zwar nicht durch Reden und Diskutieren, weil sonst die bestehenden Muster meist nur vertieft werden. Es braucht einen anderen Zugang!

Ein hilfreicher Zugang ist das spontane Aufzeichnen der Beziehungslandschaft: Jede und jeder zeichnet für sich ein einfaches Bild der involvierten Menschen, deren Nähe und Distanz sowie deren Beziehungsqualität. Dies lässt sich mit wenigen Strichen schnell und einfach machen und trotzdem können jene relevanten Inhalte gut benannt werden (wie Nähe und Distanz), die gerade in aufgeladenen Situationen von den meisten Menschen nicht angesprochen werden (wollen). Da außerdem alle ihr jeweiliges eigenes Bild der aktuellen Situation einbringen, erhalten auch die „Stillen“ die gleiche Stimme wie die „Dominanten“, was in einer Diskussion niemals der Fall wäre. Durch das Nebeneinanderlegen dieser Bilder wird dann sofort sichtbar, wo unsere aktuellen Beziehungsmuster doch mehr Teil des Problems als der Lösung sind. Und das Wichtigste ist, dass mit dieser umfassenderen Sicht auf unsere Lage als Team untereinander und mit den wichtigsten Personen in unserem Umfeld ein recht entspannter Einstieg in produktivere Verhaltensmuster als Team – und auch ganz persönlich – möglich wird. Um diesen recht einfachen und gleichzeitig extrem lösungsorientierten Zugang für das produktivere Zusammenspiel von Teams bzw. Abteilungen untereinander gut einsetzen zu können, stehe ich natürlich als Prozessbegleiter und Coach gerne zur Verfügung. Es würde mich sehr freuen, damit einen wertvollen Beitrag für Sie/Dich als Führungskraft oder als Betroffene*r leisten zu können, getreu meinem Motto:

Menschen verbinden ∞ Zukunft gestalten

Ihr Dr. Kurt Schauer

Publikation

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