Hauptsache effizient!
April 7, 2025
In den letzten Jahren höre ich immer öfter den Satz, dass wir als Gesellschaft, als Unternehmen und als Einzelperson völlig überfordert sind. Da helfe nur mehr sich zu fokussieren, rauszunehmen und abzuspecken, kurzum alles auf Effizienz zu trimmen und scheinbaren Ballast abzuwerfen.
Wenn wir im Frühjahr in die Welt hinausschauen, zeigt sich in der Natur allerdings ein völlig anderes Bild. Der Frühling ist durch ein unbändiges Wachstum und durch grenzenlose Vielfalt geprägt. Hier wird nicht gespart und gegeizt. Im Gegenteil: Hier feiert das Konzept der Fülle, die Lust an der Vielfalt, das neue Leben sein Hochamt! Die Sinne werden durch die vielen Farben und Düfte um uns herum verzaubert. In solchen Momenten bekommen wir ein Gefühl dafür, was der eigentliche „Energieträger“ für uns Menschen ist.
Wer sich von dieser unfassbaren Vielfalt und Schönheit im Frühling verzaubern lässt, fühlt sich in unseren Organisationen häufig, wie in den Winter zurückversetzt. Getrieben von einem scheinbar „alternativenlosen“ Minimalismus-Denken erleben die Menschen in vielen Unternehmen nicht „lustvolles Wachstum“ wie in der Natur, sondern etwas, das der Biologe Christian Rammel so trefflich die „heilige Dreifaltigkeit des wirtschaftlichen Optimierens“ genannt hat: Effizienz steigern, Prozesse/Produkte verbessern und Kosten senken (ein Zitat aus: Evolution statt Effizienz).
Dabei wussten die Erfolgreichen schon immer, dass Großzügigkeit und Fülle Teil der Lösung sind. Nicht zufällig ist vom Bankier Amschel Mayer Rothschild das Zitat überliefert: „Nicht ständiger Kampf ist das Kennzeichen des gesunden Wettbewerbs, sondern Vielfalt.“ Gerade in überfordernden Zeiten des Umbruchs – also in Zeiten des als ungesund erlebten Wettbewerbs – tendieren wir in unserer Überforderung die Vielfalt nicht als Quelle des Erfolgs, sondern als deren Bedrohung zu erleben. [1] Dabei kann uns die Freude an den Farben, den Gerüchen, den längeren Tagen und dem scheinbar grenzenlosen Wachstum in der Natur als Hinweis dafür dienen, was in den Menschen neue Energien erwachen lässt.
Wenn es stimmt, was viele Führungskräfte anmerken, dass nämlich die Bereitschaft zum wirklichen Mittun immer seltener wird, dann sollten wird diese unbändige Kraft der Natur im Frühling wieder als Lehrmeisterin annehmen. Dazu brauchen wir nur das Frühlingshafte in den aktuellen Umwälzungen erkennen: d.h. den großen Reichtum in der Vielfalt und Buntheit nutzbar machen.
Nicht zufällig war die Lust der aufbrechenden Natur über Jahrhunderte Symbol und Hinweis für ein gutes, gelingendes Lebens. Und damit war auch für alle offensichtlich, was die eigentliche Energiequelle jeder Organisation und jedes Menschen ist, um über sich hinauswachsen zu wollen und zu können. Wer sich im Gegensatz dazu einseitig auf Effizienz, Optimierung und Kostensenkung fixiert, läuft Gefahr, diese natürlichen Quellen des Erfolgs zu verlieren. Wie so oft im Leben geht es auch hier darum einseitige Betrachtungen zu vermeiden. Philosophisch gesprochen: „Zuviel ist gerade so falsch wie zu wenig.“ (Konfuzius)
Ich möchte Sie mit diesem Frühlingsartikel anregen, in den Ihnen anvertrauten Menschen und Teams die Energie des erwachenden Frühlings in seiner ganzen Vielfalt, Schönheit und Vitalität zu wecken. In ihr liegt die Voraussetzung für organisches Wachstum – also einem Wachstum, das von den Menschen aktiv getragen wird: Es gibt Zeiten des Wachstums und des Aufbruchs im Frühling und es gibt Zeiten des Neusortierens und Vorbereitens im Winter. Die Kunst liegt bloß darin diese beiden Zeitpunkte auch in unseren Organisationen auseinander zu halten.
Die großen Umbrüche sind wohl ein untrügliches Zeichen dafür, dass wir uns mitten in so einem großen Aufbruch, also einem Frühling, befinden. Ich wünsche Ihnen daher von ganzem Herzen, dass sie diese Energie des Frühlings im übertragenen Sinne in Ihrer Organisation erlebbar machen und ein Mehr wieder zu einem Mehr werden kann!
Ihr
Dr. Kurt Schauer
[1] Und unsere großen Vordenker sind in dieser Frage auch nicht immer eine große Hilfe, da wir in Europa diese Frage eher einseitig beantworten. Zwei Beispiele aus Kunst und Forschung machen das deutlich: Einfachheit ist die höchste Stufe der Vollendung, Leonardo da Vinci / Die Wahrheit liegt immer in der Einfachheit und nicht in der Vielfalt und Verwirrung der Dinge, Isaac Newton
