Hauptsache schnell - Beitrag von Dr. Kurt Schauer
Hauptsache schnell!
März 6, 2025
Hauptsache schnell - Beitrag von Dr. Kurt Schauer
Hauptsache schnell!
März 6, 2025

Hauptsache effizient!

Effizienz - einfach besser arbeiten - ein Beitrag von Dr. Kurt Schauer

Die effizienteste Lösung

Effizienz - einfach besser arbeiten - ein Beitrag von Dr. Kurt Schauer
Bild: Selbst für Formel-1 Fahrzeuge gelten die Gesetze der Physik, d.h. jede Kurve hat eine Grenzgeschwindigkeit. Und das Ernüchternde ist, dass diese oft deutlich unter dem liegt, was wir vermuten. Wer einmal die Erfahrung eines Fahrtrainings auf dem Dieses wunderschön sprechende Bild für mehr Effizienz lässt sich allerdings auch als böser Witz lesen: Wenn die Richtung gar nicht stimmt oder wir knapp vor dem Abgrund stehen, ist die rote Kugel nicht die effizienteste Lösung, sondern die ultimative Verschwendung von Ressourcen oder Garantie für den sicheren Tod! Quelle: artemes.org, AdobeStock 260864410

Ich bin immer wieder überrascht, dass viele Führungskräfte ein eindeutiges Bild von Effizienz zu haben scheinen. Dabei wird die Forderung nach „mehr Effizienz“ mit einer Selbstverständlichkeit vorgebracht, als ob es sich um ein Naturgesetz handeln würde und die Lage offensichtlich „alternativenlos“ sei.

Dabei liegt der Erfolg einer Effizienzbetrachtung darin, zuerst einmal nachzudenken, was ich wirklich erreichen will! Geht es also darum, etwas schneller, einfacher, weniger anstrengend, risikoärmer, rohstoffsparender, billiger oder gemütlicher umzusetzen? Doch selbst diese Aufzählung von offensichtlichen, einfachen „Effizienz-Kriterien“ ist nicht widerspruchsfrei. In Wirklichkeit geht „billiger“ mitunter mit einem höheren Gesamt-Rohstoffverbrauch einher und „einfacher“ mit einem höheren Risiko. In beiden Fällen kann dann ein vordergründiger Vorteil (= Effizienzgewinn) rasch zu einem echten Problem werden.

Ein sehr sprechendes Beispiel eines einseitigen Effizienzzugangs hat Boeing als ehemaliger Weltmarktführer geliefert. Hier wurde Material- und Kosteneffizienz auf die Spitze getrieben und alles dem Primat untergeordnet mit möglichst wenig Input möglichst viel Output zu erreichen. Qualität und Sicherheit kamen aber in dieser Gleichung zu wenig vor. Ob das Ergebnis in diesem Fall nur geschäftsschädigend oder gar ruinös ist, wird die Geschichte noch zeigen.

Was also, wenn die Richtung unserer Effizienzlogik gar nicht stimmt? Im obigen Bild wird ja unterstellt, dass die Richtung auf jeden Fall die richtige sei und es nur darum ginge in der aktuellen Richtung schneller voranzukommen! Um auch das an einem Beispiel festzumachen: Was, wenn es gar nicht darum geht einen noch dünneren Rückspiegel zu produzieren, sondern auf eine Rückfahrkamera umzustellen, weil dies für unsere Kunden eine viel attraktivere Gesamtlösung darstellt?[1]

Ein kurzer Einschub zum besseren Verständnis der Effizienz: Mathematisch gesprochen ist die Effizienz ein einfacher Quotient/Bruch aus zwei Faktoren, und zwar: gewünschter Output durch notwendigen Input. Das ist bei einfachen Fragestellungen äußerst hilfreich und gibt auch sofort die richtigen Ansätze für eine Reduktion des Ressourceneinsatzes, d.h. Steigerung des Outputs bei gleichem Input. Ich möchte auf die klassische Verschnitt-Aufgabe hinweisen, also auf die Frage, wie aus einer definierten Platte mit möglichst wenig Abfall die gewünschten Teile heraus-geschnitten werden können.

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Das Bild zeigt, dass sich je nach Anzahl der Kreise für eine definierte Platte nicht nur die Menge des Verschnitts, sondern auch dessen Form verändert. Wer an Zahlenspielen eine Freude hat, findet unter matheretter.de dazu ein einfaches Rechenbeispiel. Quelle: matheretter.de/ab/geodenk/25

Wie beim Beispiel des Rückspiegels, werden unterschiedlichste Optimierungsverfahren gute Dienste in der Steigerung der Effizienz liefern. Je effizienter unsere Produktion bereits ist, desto ausgefeilter und aufwändiger müssen allerdings diese Verfahren werden, um noch das letzte Prozent herauszuholen. Damit erhöht sich der Aufwand für die Effizienzsteigerung und immer mehr Details und damit verbundenes Spezialwissen treten in den Vordergrund. Und genau darin besteht auch die Gefahr der Effizienzlogik: Die verantwortliche Gruppe beginnt aus Ressourcengründen den Blick für die „eigentlichen“ Fragen im Markt zu verlieren. Der sprichwörtliche Wald wird vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen.

Um es anhand des vergleichsweise einfachen Verschnitt-Problems noch deutlicher zu machen: Effizienzsteigerung bedeutet hier die Verschnittmenge pro verkaufbarem Kreis zu verringern. Was aber, wenn aufgrund anderer Voraussetzungen im Unternehmen, durch den technologischen Wandel oder schlicht durch einen breiteren Blick auf den Markt heute ganz andere Fragen viel wichtiger sind, um tatsächlich effizient zu sein?

  1. Was, wenn wir den Verschnitt vordergründig sogar erhöhen sollten, damit aus den so entstehenden Abschnitten ein weiteres gewünschtes und verkaufbares Produkt mit einer anderen Form gefertigt werden kann?
  2. Was, wenn wir überhaupt ein anderes Verfahren wählen und die Kreise mittels 3D-Druck produzieren, statt aus einer Platte herauszuschneiden?
  3. Was, wenn wir unseren Kundinnen und Kunden nicht mehr die Kreise verkaufen, sondern eine viel bessere Lösung, für die sie überhaupt keine Kreise mehr brauchen?

Diese Liste lässt sich für jeden konkreten Fall beliebig erweitern und in jedem Fall wird ein anderes Kriterium relevant, das zeigt, wie wir die Effizienz „wirklich“ steigern können!

Ich möchte mit diesem Beitrag dazu anregen - gerade in Umbruchzeiten - bisherige erfolgreiche Optimierungspfade zu hinterfragen, damit wir nicht den Anschluss an den Markt verlieren. Um es wieder am obigen Beispiel festzumachen: Statt die vollen Ressourcen darauf zu verwenden den Rückspiegel noch effizienter herstellen zu können, sollten wir in Betracht ziehen, dass die Materialeffizienz des Spiegels gar nicht mehr der zentrale Erfolgsfaktor ist, weil Rückfahrkameras in Zukunft die Spiegel ersetzen könnten.

Dieses sehr strategische Beispiel soll deutlich machen, dass bislang im Unternehmen übliche Effizienz-Fragestellungen sehr einseitig sein und damit zu einem gefährlichen Richtungsgeber für die Mittelallokation werden können. Denn: Wenn sich der Markt verändert und die Kunden schlicht etwas anderes wollen, bringt „weniger desselben“ nichts mehr, vielmehr verlieren wir Zeit und Ressourcen.

Verschärfend kommt noch ein zutiefst menschliches Verhalten hinzu: Je mehr wir zeitlich, wirtschaftlich oder leistungsmäßig unter Druck sind, desto weniger stellen wir die Dinge in Frage. Vielmehr versuchen wir durch „mehr“ oder eben „weniger desselben“ die Lage zu retten. Gerade in solchen Situationen kommt die zentrale Frage, ob wir noch das relevante Effizienzkriterium im Blick haben, sehr rasch unter die Räder. Um es wieder in einem Bild zu fassen: Wenn wir stolpern, erhöhen wir eher das Tempo, als in Ruhe die Schuhe zuzubinden, etwas gegen die Unterzuckerung zu tun und eine kurze Entspannungspause einzulegen, bevor es dann entspannt und voller Energie weitergeht.

Wenn Sie sich also das nächste Mal fragen, wo Sie noch etwas einsparen können, weiten Sie lieber zuerst Ihren Blick, damit Sie die heute und morgen relevanten Effizienzkriterien erkennen und nicht dem alten Erfolg auf den Leim gehen. Und vielleicht kann ich dabei ja meine Erfahrungen und meinen kritischen Geist für Sie nutzbar machen. Getreu meinem Motto:

Menschen verbinden ∞ Zukunft gestalten

Ihr Dr. Kurt Schauer

[1] In einer innerbetrieblichen Besprechung oder Strategieklausur wird Ihre Anmerkung, dass die Konkurrenz aktuell genau an so einer Lösung arbeite, vermutlich mit dem Hinweis abgeschmettert, dass das nur Spinnereien seien, den Normen nie entsprechen würde und auf keinen Fall wirtschaftlich wäre. Subtext der aktuellen ExpertInnen ist dabei: „Ihr versteht es einfach nicht!“

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