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Optimismus als Falle!

das halbvolle Glas - Optimist oder Pessimist

Wohl jeder Mensch von uns hat schon andere aufgefordert, doch bitte etwas mehr Optimismus an den Tag zu legen. Dann kommt meist das Beispiel vom halb-vollen Glas und der Satz: „Auch wenn die Lage schwierig sei, wenn nicht einmal wir das Glas als halbvoll sehen, dann ...“. Alte Hasen und kritische Zeitgenossen lächeln bei solchen Redensarten in sich hinein, die von Zynismus geprägten Menschen sehen es als Beweis, dass die meisten den Tatsachen nicht ins Auge schauen können. Doch Hand aufs Herz, bringt uns dieser „Optimus“ wirklich weiter?

Da ist einmal zu beachten, dass sowohl im Zugang der Optimist*innen (halb-voll) als auch der Pessimist*innen (halb-leer) davon ausgegangen wird, dass die Hälfte nicht passt. Der Optimist bzw. die Optimistin lenkt die Aufmerksamkeit auf jenen Teil der Sache, der wünschenswert ist und erzeugt damit eine lösungsorientierte Stimmung, der Pessimist bzw. die Pessimistin wiederum auf den notwendigen Handlungsdruck, weil wir noch nicht die optimale Lösung gefunden haben. Doch beide sehen in der gegebenen Situation das Problem und nicht die Lösung und lenken unseren Suchprozess und unsere Aktivitäten direkt oder indirekt auf das erkannte Defizit – auch die Optimist*innen!

Im Glas-Beispiel ist dann unter dem Effizienz-Kriterium die Lösung rasch gefunden: Wir verdoppeln die „Ressourcen-Effizienz“ mit einem halb so großen Glas. Man freut sich und geht seine Wege. Nur die sozial Motivierten und die Systemkritiker*innen bleiben zurück und fühlen sich wieder einmal bestätigt, dass ja ohnehin niemand eine gute Lösung wollte und die Leute einfach betrogen werden wollen.

Was wirkliche Veränderung bringen würde ist eine ganz anderer Zugang: Was, wenn die Situation so wie wir sie sehen bereits die volle Lösung enthält? Was, wenn das Glas „voll“ ist und wir es einfach noch nicht sehen wollen oder können?

Dann ergibt sich plötzlich ein völlig anderer Blick auf dieselbe Situation. Mit diesem – nennen wir ihn realistischen[1] Blick - ist das Glas tatsächlich ganz voll! Und zwar mit Wasser und Luft. Das mag im ersten Moment vielleicht sogar zynisch klingen, doch wer jemals in seinem Leben einen guten Whiskey oder einen guten Wein getrunken hat, weiß, dass das Glas nicht einmal halb voll sein soll, damit es richtig gefüllt ist. Ein Genießender bzw. eine Genießende sieht also mehr als nur den Füllstand des Glases, die Person sieht das „Ganze“.[2]

Was wir mit diesem Perspektivenwechsel erreichen, ist, dass wir die gesamte „Dienstleistung“ als Erlebnis und Gesamtergebnis betrachten und nicht nur den einen Aspekt des Füllstandes, der scheinbar das „wahre“ Problem darstellt. Selbst der Optimist bzw. die Optimistin sieht mit dem Füllstand nur die unmittelbare Aufgabe, nicht jedoch das Ganze, also das „Wofür“ und „Wozu“. Diese Person sieht den sprichwörtlichen Baum und nicht den Wald!

Dass Ihnen/Dir/Euch dieser Zugang zu den Aufgaben immer öfter gelingen möge, wünsche ich von ganzen Herzen und oft hilft dazu ein Blick auf außen, den ich mit Freude immer wieder einbringe, denn so denke ich!

Ihr

Kurt Schauer

[1] Realistisch in dem Sinne, dass wir die Dinge (möglichst) vorurteilsfrei betrachten und dabei davon ausgehen, dass es eine gute Lösung geben kann und wird.

[2] Nur der Alkoholiker bzw. die Alkoholikerin will Whiskey oder Wein aus dem vollen Glas oder aus der vollen Flasche trinken.

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