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Raus aus der Dauerkrise!

Jede/r, der als MusikerIn oder SängerIn einmal auf der Bühne gestanden ist, kennt das Gefühl der Angst. Es ist ambivalent, regt an und betäubt zu- gleich, je nachdem wie wir damit umgehen und wie stark wir es erleben. Highperformer leisten sich daher, zumindest im Sport, Mentaltrainer, denn eines ist klar: Angst lähmt und reduziert die Leistung. Der Trick des Igels, sich einfach einzurollen, hilft auf der Bühne gar nichts. Was lernen wir daraus für unsere Unternehmen und Organisationen und unseren Führungsalltag?

Auch in einer Chorgruppe keimt ab und an Krisenstimmung auf. Dann ist ein inspirierender Chorleiter willkommen, der sich vom allgemeinen Sorgengeplapper nicht weiter beeindrucken lässt und neue Strategien verfolgt. Genauso verhält es sich in der Unternehmenswelt.

"Musik und Management"

Jede/r, der als MusikerIn oder SängerIn einmal auf der Bühne gestanden ist, kennt das Gefühl der Angst. Es ist ambivalent, regt an und betäubt zugleich, je nachdem wie wir damit umgehen und wie stark wir es erleben. Highperformer leisten sich daher, zumindest im Sport, Mentaltrainer, denn eines ist klar: Angst lähmt und reduziert die Leistung. Der Trick des Igels, sich einfach einzurollen, hilft auf der Bühne gar nichts. Was lernen wir daraus für unsere Unternehmen und Organisationen und unseren Führungsalltag?

Ich erlebe die AkteurInnen in Wirtschaft und Verwaltung als zunehmend ängstlich. Die Krise ist zur Basis vieler Handlungen geworden. Eine Krise jagt dabei die nächste. Die scheinbare Dauerkrise beginnt nicht nur die Gesellschaft, sondern auch Wirtschaft und Verwaltung zu lähmen. Rasche Hilfe versprechen nur mehr Krisenmanager und „echte“ Führer.[1]

Doch was daran ist Tatsache und was ängstliche Interpretation? Was ist Instrumentalisierung und was einfach nur Fiktion? Gehen wir da einem Wahrnehmungsfehler auf den Leim?

Ganz radikal gefragt: Ist die ständig verkündete Krise um und in uns überhaupt eine Krise? Oder stellen wir uns vielmehr selbst das Bein und bejammern dabei selbstvergessen, dass Europa verloren sei? Lassen wir uns von der Angst lähmen und verlieren dadurch die Idee aus den Augen, als Verantwortliche in Un- ternehmen oder Verwaltung überhaupt noch gestalten zu wollen und dies auch zu können?[2]

Zuerst eine ganz kurz und hart formulierte Anwort: Angst ist eine Entscheidung und kein Faktum! Und das gilt auch für die sogenannte Dauerkrise in Eu- ropa! Ich will mich nicht mit der Platitüde aufhal- ten, Krise sei immer auch als Chance zu verstehen. Denn was hilft es mir als Sänger, zu wissen, dass eine Chance auf mich wartet, ich aber so verspannt bin, dass ich keinen vernünftigen Ton herausbringe, oder als Manager, wie gelähmt, lieber die alten Rezepte anwende, von denen ich ohnehin schon weiß, dass sie nicht wirken werden? Mir geht es in diesem Artikel um einen grundsätzlichen Zugang.

Der Blick auf die Welt, und damit auch auf die Wirt- schaft und die Verwaltung, als Ort einer Dauerkrise ist nicht einfach kontraproduktiv, er ist einfach falsch. Die Dauerkrise ist eine Konstruktion, die Fiktion von Verschreckten und Verunsicherten. Faktum ist viel- mehr: Veränderungen sind ein permanenter und un- abdingbarer Teil unserer Entwicklung, sie sind nicht etwas Abnormales oder Schreckliches, sondern kon- stituierend, also Voraussetzung, für das Leben. Ge- nauso wie die Schwerkraft in der Physik. Wenn die Schwerkraft einen Stein nach unten fallen lässt, ist das nicht zu bejammern. Selbst wenn jemand verletzt wird, ist nicht der Stein schuld. Keiner wird dabei auf die Idee kommen, von einer Krise der Physik zu spre- chen, denn es ist eben ein Faktum, dass Steine nach unten fallen, die Frage ist nur, wie wir uns verhalten. Die Interpretation des Geschehens um und in uns als Dauerkrise ist daher völlig verfehlt. Wir leben in ei- ner Phase des Umbruchs. Wer hier von einer Krise spricht verkennt die Lage.

Wieder zu unserer Analogie: Wenn es im Chor nicht klappt, wenn ich nicht mehr so hoch hinaufkomme, wenn das Publikum das Repertoire nicht mehr hören will, kann ich als Sänger und als Chorleiter verzwei- feln und die Krise der Truppe „abfeiern“. Ich kann das aber lustvoll oder nüchtern als notwendigen und sinnvollen Entwicklungsprozess sehen, und neue Stücke einstudieren, das Lied einen Halbton tiefer singen oder ein neues Publikum aufbauen. Das ist eine strategische Aufgabe, die viel positive Energie bündelt, weil sie nach vorne gerichtet ist. Und je frü- her ich die Zeichen der Zeit erkenne, desto besser ist es für alle. Als Mensch mit Gestaltungsverantwortung geht es also nicht darum, im Chor der Krisenbejammerer, meist als Schutzbehauptung um nichts ändern zu müssen, zu verharren, sondern tatsächlich – um beim obigen Bild zu bleiben – dem Stein aus dem Weg zu gehen[3]. Genau das ist die Haltung, die es heute braucht. Wir erleben einen großen Umbruch in Ge- sellschaft und Wirtschaft, das wird heute selbst von bewahrenden Kreisen zunehmend anerkannt. Mit der nachhaltigen Entwicklung gibt es auch klare Rich- tungspfeile, wohin die Reise gehen kann. Es braucht die Entscheidung, die Energien in den Organisati- onen entweder mit dem Krisengejammer und der Krisenbewältigung zu vergeuden oder endlich in die Veränderung zu gehen.

Der Blick raus aus der Krise ist eine Entscheidung. Es liegt in Ihrer Hand, wieder Energien in Ihrem Ver- antwortungsbereich freizulegen und dabei noch dazu für die Besten am Markt attraktiver zu werden: Ig- norieren Sie das Krisengeheul und stoppen Sie jede Diskussion, in der Krise als Faktum behandelt wird.

Für diesen Weg jenseits des Krisenmanagements empfehlen wir:

a. Überprüfen Sie Ihren ganz persönlichen Zugang – haben Sie ein krisenfreies Denken und Sprechen verwirklicht – sind Sie also ein inspirierender Chorleiter?
b. Checken Sie dann in Ihrem Unternehmen, wo Angst und Krisendenken in der Sprache, den Ab- läufen, den Strukturen, Instrumenten und Regeln vorhanden ist, denn das verhindert produktives Vor- wärtsdenken und -handeln
c. Und dann drehen Sie genau an diesen Stell- schrauben raus aus der Krisenfixierung. Das ist heute eine Ihrer wichtigsten strategischen Aufgaben, derer Sie sich im Dauerkrisenumfeld wirklich annehmen sollten.

Da es nicht einfach ist, die eigenen eingefahrenen Muster zu erkennen und sich daraus zu befreien, ist es sinnvoll, sich von außen Impulse zu holen. Ich würde mich freuen, Ihnen Ratgeber und Begleiter bei dieser erfolgskritischen Aufgabe sein zu dürfen. Denn nichts reizt mich so sehr, wie das scheinbar Selbstverständliche in Frage zu stellen, um die Zukunft mit mehr Freude verantwortungsvoll gestalten zu können.

[1] Wer Kabarett gerne mag: Werner Schneider gibt einen alten Sketch über Krisenmanager in der Lach- und Schießgesellschaft zum besten, ab Minute 34 im Beitrag: Krisenmanager

[2] Die Vorstellung vom Ende der Geschichte in den 90er Jahren, ausgelöst durch das gleichnamige Buch des Politikwissenschaftlers Francis Fukuyama, hat diese aus meiner Sicht skurrile Diskussion zum Aufleuchten gebracht. Die Vorstellung war etwas verein- facht gesprochen, dass mit dem Ende des Kommunismus, das einzige logische und beste System endgültig gesiegt habe und daher keine wesentlichen Entwicklungen mehr möglich und auch notwendig wären. Selbst die absoluten Liebhaber dieser These wurden durch die Ereignisse seit der Jahrtausendwende ei- nes Besseren belehrt. Nachhaltige Entwicklung ist eben ein epochaler Auftrag und keine Kosmetikpro- gramm für Gesellschaft und Wirtschaft.

[3] Es ist bezeichnend, dass unsere OMV in der selbsterklärten Krise steckt und in Russland in Fossile investiert, während die Dänen ihren „Staatsbetrieb“ auf Erneuerbare umgestellt haben und die Zukunft abfeiern. Fossile habe ich absichtlich großgeschrie- ben, um deutlich zu machen, dass auch im ausgehen- den Mittelalter das Verstärken der Burgmauern auf Dauer keine sinnvolle Lösung war. Burgen hatten einfach keinen Sinn mehr. Wer das nicht sehen wollte, hat dann eben sein Wunder erlebt – aber es war kei- ne unvorhersehbare Krise, denn die Zeichen standen klar zu lesen - und sie tun es heute wieder.


Ihr Kurt Schauer


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