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Ein Hoch der Unplanbarkeit
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Gerade in Krisenzeiten haben viele Führungskräfte das Gefühl immer mehr zu tun und trotzdem nichts auf den Boden zu bekommen! So nach dem Motto: Schon dreimal abgeschnitten und noch immer zu kurz! Der Aufwand steigt und trotzdem geht nichts weiter!

Der Hintergrund dazu ist letztlich ein ganz einfacher: Wenn sich das Umfeld verändert, tendieren Systeme möglichst lange in der alten Lösung zu bleiben. Von außen betrachtet verstärken sie die Anstrengungen und fokussieren sich immer stärker auf „mehr desselben“. Von innen betrachtet stellt sich die Lage ganz anders dar: Die Führung erhöht den Druck und versteht nicht, wieso nicht alle mitziehen.

Was dann scheinbar notwendig wird: die Anzahl und den Umfang der Reportings erhöhen, ja dem Reporting als Thema überhaupt erst die „richtige“ Bedeutung geben, mehr Konzepte in Auftrag geben, auf raschere Beantwortungen von Fragen drängen und insgesamt den Zeitdruck erhöhen. Als Kollateralschaden nimmt gleichzeitig die Anerkennung und das Vertrauen in die Expertisen der MitarbeiterIinnen und KollegInnen ab und Rechtfertigungen werden zum neuen Standard.

Jeder wird diese Situation aus dem eigenen Umfeld kennen. Doch die zentrale Frage ist, woran ich erkenne, ob ich dabei in eine Falle laufe, oder ob es wirklich zu wenig Reporting und Energie für das Richtige gibt.

Dazu gibt es ein untrügliches und ganz einfaches, eindeutiges Zeichen in allen Systemen – dazu gehören nun auch Teams, Abteilungen oder ganze Organisationen: Wenn die Innengeschwindigkeiten steigen, ohne dass es zu einer Steigerung der Wirkung nach außen kommt, dann laufen wir in Fehlentwicklungen und letztlich in den Niedergang des Systems! Die inhaltliche Arbeit entfernt sich immer mehr davon, was der „Markt“ wirklich will und braucht. Und das Tragische ist dann, dass der Druck in Richtung des „Falschen“ weiter steigt.

Der Hintergrund ist dabei: Wenn Menschen unter Druck kommen, tendieren viele sich nach innen zu richten und den Druck zu erhöhen, statt Ruhe zu bewahren und sich nach außen zu richten. Man konzentriert sich auf kurzfristige Effekte und das Stopfen von Löchern, weil für die „eigentlichen“ Fragen JETZT keine Zeit ist. Aktionismus greift um sich und jene, die am ehesten etwas für eine echte Lösung beitragen könnten, reagieren mit Zynismus, Rückzug oder Dienst nach Vorschrift.

Labyrinth oder Sonnenblume?

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Aus der richtigen Distanz betrachtet ist es eine Sonnenblume, aus der Nähe ein verwirrendes Labyrinth.

Es ist im Kern ein anti-strategisches Verhaltensmuster: Man erhofft sich die Situation retten zu können, indem man einfach mehr desselben macht und Geschwindigkeit und Druck erhöht. Man nimmt sich nicht die Ruhe – weil ja keine Zeit ist – die Ursachen des Problems anzugehen, sondern begnügt sich mit dem Reagieren auf Symptome. Man reinigt sozusagen nicht die Wunde, sondern klebt mit viel Trara ein Pflaster drüber!

Und weil den darin liegenden Irrsinn gerade die klügsten Köpfe sofort mitbekommen, entsteht in Summe eine ganz spezielle Stimmung in der Organisation. Alfred Dorfer hat das beim Salzburger Stier sehr pointiert verdichtet: Nicht das Erreichte zählt, sondern das Erzählte reicht. Marketing wird wichtiger als Produktentwicklung und Kundenbetreuung.

Kurzum, das Problem dabei ist, dass man mit Steigerung der Innenenergie den Kontakt nach außen immer mehr verliert, bis man sich letztlich in einer Blase wiederfindet, die nur mehr am Rande etwas mit der Realität zu tun hat. Es wird meist versucht mit mehr Effizienz (also in kürzerer Zeit mit noch mehr von demselben) das Problem zu lösen. Dabei wird vergessen, dass gerade in Krisenzeiten die Frage der Effektivität (Was braucht es wirklich? Sind unsere bisherigen Lösungen heute noch die passenden?) die viel relevantere Themenstellung wäre!

Während also einfach der Blick nach außen gerichtet werden sollte und etwas Ruhe gut täte, wird Hektik verbreitet und darüber geklagt, dass uns die Kunden einfach nicht verstehen. Wir tun doch eh das Beste. Ja und man wundert sich ehrlich, warum einen der Markt schlicht so nicht mehr braucht.

Wenn also Innengeschwindigkeiten und der dogmatische Rückgriff auf Bewährtes steigen, ist das ein untrügliches Zeichen, dass fatale Fehlentwicklungen im Vormarsch sind. Dann hilft nur eine strategische Haltung der Ruhe und der unbedingte Wille die Ursachen zu suchen – also das WOZU – und erst dann die Aktivitäten zu setzen. Denn das schnellere Kleben von Pflaster ist schlicht keine Lösung, im Gegenteil es macht alles noch schlimmer und verunmöglicht die Heilung.

Der heikle Punkt dabei ist, dass man diese Situation von innen heraus oft gar nicht so einfach erkennt. Da hilft der geschulte Blick von außen. Oft braucht es Abstand, um über den Tellerrand zu blicken oder ein „thinking outside the box“ zu ermöglichen. Wenn ich in so einer kritischen Situation eine Unterstützung sein könnte, um weg von beschwichtigender Agitation hin zu echter Problemlösung zu kommen, würde mich das sehr freuen.


Ihr Kurt Schauer

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