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Ziele und ihre Fehldeutung

Bildquelle: https://newmanagement.haufe.de/strategie/corona-und-die-folgen

Der Jahres- oder Bilanzjahreswechsel ist fest mit dem Formulieren neuer Ziele verbunden. Für viele ist dies jedoch zu einem oft lästigen, ja kräfteraubenden Ritual ohne nennenswerte Wirkung und Erfolge geworden. Das kann ganz anders sein, wenn wir Ziele wieder als das verstehen, was sie eigentlich sind. So können die Prozesse zur Erstellung von Zielkatalogen, Balanced Score Cards, Jahreszielen, strategic goals bis hinein in die Ebene der Mitarbeiter*innen-Gespräche eine ganz neue Dynamik entwickeln.
In diesem kurzen Beitrag möchte ich einen Aspekt herausgreifen, der mir bei der Lektüre des Buches von Andrea Marcolongo über die Argonautensage („Das Meer, die Liebe, der Mut aufzubrechen") wieder bewusst geworden ist: Wir verhandeln in unseren Zielekatalogen sehr selten Ziele, sondern meist nur die Schritte auf einem Weg. Kurzum, wir vereinbaren gar keine Ziele im eigentlichen Sinn.

Ein echtes Ziel zeigt uns nämlich den Grund, wieso wir uns überhaupt auf diese eine „Reise" begeben sollen und was wir dadurch gewinnen werden. Ein kraftvolles Ziel ist eben keine sachliche, trockene Sache. Ein Ziel greift viel tiefer, es verlangt von uns eine Entscheidung, dass wir die Veränderung, die sich mit der Zielerreichung einstellen wird, jetzt schon annehmen, ja wünschen! Oder wie es im Buch sehr poetisch formuliert wird: „Das Wunder - und die Befreiung - besteht in der Entdeckung, dass der erste Schritt bei einer Entscheidung nicht darin entsteht, das Ziel zu erreichen, sondern die damit einhergehende Veränderung zu akzeptieren."

Die Kraft entsteht also nicht aus dem vordergründigen und letztlich scheinbaren Ziel - bei den Argonauten war es das Heimholen des goldenen Vlies. Die Kraft entsteht vielmehr daraus, dass mit dem Erreichen dieses Punktes für uns ein Wendepunkt markiert wird, durch den wir verändert werden. Oder wie es dort formuliert ist: „Die Antiken [...] wussten, dass ein Ziel nichts Endgültiges ist. Es ist vielmehr ein Wendepunkt. Und der Sinn einer Entscheidung, einer Reise, besteht niemals im Ziel, sondern im Grund der Abreise." Bei den Argonauten war es das Erwachsenwerden durch den Mut und die Liebe - wie es sich für ein großes Epos eben gehört.

Wenn wir den ganzen Pathos weglassen, gibt uns diese Geschichte ganz pragmatische Hinweise für das Gelingen unserer Ziel-Prozesse in den Organisationen. Zwei aus meiner Sicht ganz wichtige sind:
  • Jedes formulierte Ziel muss den Grund vermitteln, wieso wir uns vom jetzigen Zustand entfernen wollen - erst dadurch wird die Kraft freigesetzt eine Veränderung mitzutragen, die im Laufe des Jahres normalerweise ja mit Hindernissen und Aufwand verbunden sein wird.
  • Jedes formulierte Ziel muss die Wirkung nach dem Erreichen in seiner ganzen positiven Kraft enthalten - d.h. es muss klar sein, was und wie es danach für die Organisation und für mich „besser" sein wird.
Ein wirklich relevantes Ziel ist eben kein zu erreichender Zustand, sondern ein Wendepunkt für die Organisation. D.h. etwas wird und muss danach anders sein als vorher - erst wenn wir diese Kraft aus der Situation jenseits dieses Wendepunkts erkennen, werden wir bereit sein die „Strapazen" auf uns zu nehmen.

Wenn Sie für heuer gerade im Zieleprozess stecken oder es schon darum geht diese in Mitarbeiter*innen-Gesprächen oder Abteilungssitzungen zu „erden", kann dieser andere Blick auf Ziele eine neue Dynamik und Kraft in die Abstimmungsprozesse bringen. Es geht dann nicht mehr darum über einzelne Schritte trefflich zu streiten, sondern ein gemeinsames Bild davon zu bekommen, warum es sich lohnt, sich gerade dafür einzusetzen und einzubringen. Dabei muss sich an der vordergründigen Formulierung der Ziele und an den Zielindikatoren gar nichts ändern. Was jedoch ganz anders sein wird, ist der gemeinsame Weg, mit dem wir diese Ziele erreichen wollen und werden; und genauso die Bewertung des Weges selbst als Element einer gewünschten Entwicklung und Transformation.

Dass Ihnen/Dir dies gelingen möge, wünsche ich von ganzem Herzen. Und vielleicht kann ich ja in meiner Rolle als strategischer Prozessbegleiter und Moderator auch einen persönlichen Beitrag dazu leisten, getreu meinem Motto:
Menschen verbinden ∞ Zukunft gestalten
Ihr Zukunftsberater Dr. Kurt Schauer

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Ziele und ihre Fehldeutung
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